Wer noch nie von einer Rollermouse gehört hat: Es handelt sich um eine neues Mauskonzept, welches viel ergonomischer sein soll und vor allem gegen Mausarm und anderen PC-Krankheiten helfen soll. Ich selbst arbeite sehr viel am Computer, bestimmt 10 Stunden am Tag, da ich diesen Blog betreibe und als ITSM-Berater tätig bin, mit relativ viel Programmiertätigkeit.
Die Frage ist ja, ist dieses neue Konzept der Rollermouse im Alltag wirklich zu gebrauchen und kann meine MX Master 3 ersetzen? Wie ausgereift ist die Lösung und welche Probleme gibt es? Das alles erfahrt ihr hier in meinem Rollermouse Test, anhand der CHERRY ROLLERMOUSE (TM) (powered by Contour Design), mit der Modellnummer JM-R0100.
Diese Rollermouse wurde mir freundlicherweise von Cherry, leihweise zur Verfügung gestellt. <- Hierauf möchte ich ganz klar hinweisen, aber auch darauf, dass meine Meinung nicht käuflich ist und auch seitens Cherry keine positive Bewertung gefordert wird oder wurde.
Das Konzept
Der Begriff ROLLERMOUSE™ ist übrigens eine eingetragene Marke der Contour Design Gruppe, die auch die bekannte Rollermouse Red (Plus) designt haben. Eine Rollermouse wird vor deine Tastatur gestellt und diese eventuell auf Führungsschienen gesetzt, um den Höhenunterschied auszugleichen.
Die Maus wird mit der schwarzen Rolle auf der silbernen Führungsschiene bewegt.
- Durch Ziehen der schwarzen Rolle nach links und rechts bewegt sich die Maus dementsprechend
- Durch Rollen nach oben und unten wird der Mauszeiger vertikal bewegt
- Mausklick (links) ist entweder über ein Tippen auf die Rolle oder die dedizierte Taste unter der Rolle möglich
- Rechter Mausklick ist über Taste unter der Rolle möglich
- Für das Scrollen ist eine extra taste in der Mitte vorhanden
- Außerdem gibt es Sondertasten zum Verstellen der Empfindlichkeit, Doppelklick und kopieren & einfügen.
Das Geheimnis liegt in der Haltung der Hände und der gleichmäßigen Schulterhaltung, wodurch Schmerzen und Überlastungsschäden wie RSI (umgangssprachlich Sekretärinnenkrankheit, Mausarm) vermieden werden sollen. Außerdem soll dadurch, dass kein Umgreifen mehr erforderlich ist, Fehlhaltungen und daraus resultierenden schmerzen im Nacken, Schultern, Ellbogen und Handgelenken vorgebeugt werden. Es gibt natürlich keine Garantie zur Reduzierung von Beschwerden, aber einleuchtend finde ich die Argumente allemal.
Soviel erstmal zur Theorie, aber wie war das nun alles in der Praxis?
Cherry Rollermouse Test – 3 Wochen
Ich habe mir 3 Wochen lang das scheinbar ergonomischere Maus-Konzept angeschaut. Also pro Tag mindestens einmal für mindestens eine Stunde auf die Alternative zu herkömmlichen Mäusen gewechselt.
Optik & Verarbeitung
Zur Optik und Verarbeitung kann ich nur Lob aussprechen, wirklich großartig. Alles fühlt sich sehr wertig an, die Handablage ist angenehm, aber nicht zu weich und alles sieht nach Premium-Qualität aus. Auch die Verarbeitung der Rolle und der Führungsstange ist sehr wertig und präzise. Da wackelt wirklich nichts, aber trotzdem gleitet sie quasi von selbst.
Auch mit meiner MX-Keys* von Logitech sieht der Cherry-Roller sehr gut aus, wie auf dem Bild oben zu sehen ist.
Software & Treiber
Den Treiber gibt’s nicht direkt bei Cherry, sondern bei dort, wo es auch die Informationen und Downloads der Contour Rollermouse gibt, auf https://contourdesign.de/support/treiber/.
In meinem Fall habe ich einfach die Version für Windows 10 heruntergeladen und nach der Installation neu gestartet. Die Oberfläche des Treibers ist funktional gehalten, übersichtlich und auf Englisch.
Auf der ersten Seite kann man die Empfindlichkeit, Zeigerbeschleunigung und Scroll-Geschwindigkeiten einstellen. Auf der 2ten Seite kann man die Tastenbelegung ändern, auf der 3ten Seite für jede Anwendung eigenen Profile einstellen (sofern gewünscht).
Die Vorteile
Fangen wir mal mit dem positiven an.
Maussteuerung, ohne Umgreifen
Ich habe mir vor allem erhofft, dass ich nicht mehr so oft beim Schreiben von Texten oder beim Programmieren umgreifen muss. Das stimmt definitiv. Grade, wenn man mal einen Satz schreib, sich durchliest und dann merk etwas ausbessern zu müssen… Gar kein Problem. Kurz die Hand nach unten bewegen oder direkt mit dem Daumen die Maus bewegen, klicken, fertig. Ohne die Hände wegbewegen zu müssen, echt klasse.
Präzision & Bedienung
Übrigens hat mich die Präzision sehr überrascht. Nach kürzester Zeit war es mir möglich, die Maus sehr präzise über den Bildschirm zu bewegen. Aber auch schnelles bewegen war ohne Probleme möglich. Man kann zwar auch die Schnelligkeit direkt mit den spezialtasten umschalten, aber das war eigentlich nie nötig.
Ich habe übrigens einen Ultra Widescreen mit 38 Zoll, also Quasi 2 Full HD Monitore nebeneinander. Probleme von links nach rechts zu kommen hatte ich nicht, solange ich nach einem Neustart die Maus einmal in eine Ecke bewegte, damit ich sozusagen wieder den Nullpunkt hatte.
Entlastung
Ich persönlich kann übrigens nicht von einer deutlichen Entspannung oder Änderung der Körperhaltung berichten. Vielleicht bin ich es als Fachinformatiker inzwischen einfach gewohnt und mein Körper hat sich der Belastung angepasst… Aber es war jetzt nicht so, dass ich gemerkt habe “Oh ja, da hat sich was getan”
Die Nachteile
Was wäre das Leben ohne ein aber 😉 Es gibt natürlich nicht nur positives zu berichten, einige Sachen waren eben nicht so toll oder ausgereift.
Versehentliche Daumen-Bedienung
Zum einen die Bedienung mit dem Daumen. Wie gesagt, ich hatte mich vor allem darauf gefreut, die Hände nur noch geringfügig bewegen zu müssen. Das war möglich, aber leider hat das auch sehr oft reagiert ohne, dass ich es wollte. Seien es Mausklicks oder bewegen der Maus, ab und an passiert das schonmal wenn man ungewollt mit dem Daumen die Rolle berührt. Außerdem war die Daumenhaltung auf Dauer ziemlich unbequem und verkrampft, sodass ich meistens doch die Hand etwas nach unten bewegt habe.
Sogar so oft, dass ich es als nervig bezeichnen würde. Ich wünsche mir, dass hier ein Abstandssensor oder ähnliches eingebaut ist der erkennt, ob die Hand grade Tippen oder die Maus bewegen möchte. Vermutlich müsste dann sowohl Rollermouse als auch Tastatur miteinander kompatibel sein, aber einen Versuch wäre es wert.
Gewöhnung
Der andere wesentliche Nachteil ist die Gewöhnung. Mag logisch erscheinen, aber ich hätte nicht gedacht, wie nervig es ist. Versteht mich nicht falsch, nach 30 Minuten bis 2 Stunden kann man die Mauswalze und die Tasten sehr gut einordnen und bedienen. Soweit kein Thema. Um das ganze zu erklären, lass mich ein Beispiel geben:
Als ich auf meinen Blogs ein dringendes Problem lösen musste, habe ich wieder zur Maus gegriffen und es hat sich sofort “richtig” angefühlt. So als ob man die ganze Zeit mit angezogener Handbremse fährt und sie dann endlich losmacht.
Natürlich mag das von Person zu Person unterschiedlich sein, aber für mich scheint dieses Mauskonzept einfach ungeeignet zu sein. Für mich liegt die Balance hier einfach zu sehr auf Ergonomie, und zu wenig auf Intuitivität. Bei Maus- oder klick-intensiven Aufgaben, fühlt sich für mich eine “echte” Computermaus einfach besser und vor allem schneller an.
Unnötige Sondertasten
Das letzte ist kein richtiger Nachteil, aber es ist auch kein Vorteil… Die Tasten zum Kopieren und Einfügen sind zwar nett, aber es ist viel einfacher die Tastenkombination STRG+C oder STRG+V zu benutzen. Denn so muss man nicht dem “Klick-Finger” bewegen, ist also schneller… Insgesamt habe ich die Spezial-Tasten so gut wie nie benutzt, außer natürlich die Rechtsklick-Taste. Diese habe ich mir dann über den Treiber einfach an die Stelle gelegt, wo normalerweise Copy ist 😉
Fazit
Heißt das jetzt, die Cherry Rollermouse oder diese Mäuse im Allgemeinen, sind schlecht? Nein, bei Weitem nicht. Für mich und den Otto-Normal Benutzer würde ich sagen, ist die klassische Maus wahrscheinlich geeigneter. Außerdem sind die ca. 300 € Gerätepreis wirklich happig.
Aber, wer wirklich schmerzen oder andere Beschwerden beim Bedienen mit klassischen Computer-Mäusen hat, hat hier nach einer wirklich kurzen Umgewöhnungsphase zumindest die Chance, seine Beschwerden zu lindern.
Bewertung
Marke
Cherry
Modell
Rollermouse
Herzlichen Dank für den sehr informativen Test!
In einem Punkt stimme ich aber nicht zu: Sicher reichen für gelegentliches “copy&paste” bei der Textverarbeitung auch die Tastenkombinationen, aber ich habe bei der Pflege von Kunden-Datenbanken gemerkt, wie genial einzelne Clipboard-Tasten sind. Damals auf dem uralten, unförmigen Microsoft “Office”-Keyboard, für das es dann ab Windows 7 aber nicht mal mehr Treiber gab. Immerhin funktionierten die drei Sondertasten für “cut” “copy” und paste” trotzdem noch.
Man trifft “Strg+C”/”Strg+V” leider nicht blind und im Halb-Sekundentakt hunderte von Malen, wenn man mit der anderen Hand per Cursortasten navigiert. Spätestens nach 2000 Datensätzen sind dann Krämpfe angesagt. Insofern ist es top, dass es diese seltenen Tasten bei der Rollermaus wieder gibt – mein Ding wäre sie trotzdem nicht, aus genau den von dir genannten Gründen.
Hi Mettlog,
stimmt, da stimme ich dir zu. Für die kurze Zeit des Tests sind mir auch die Tasten positiv im Gedächtnis geblieben. Habe inzwischen privat umgestellt auf die eine Logitech-G Maus* mit Daumentasten, bei der ich je nach Profil auch Tasten für Kopieren und Einfügen benutze 😉
Beste Grüße & danke für deinen Kommentar!